Euro-Cities GmbH am Boden: Oberlandesgericht Stuttgart mit Grundsatzurteil zum Rechtsmissbrauch der Massenabmahnerin

Landgericht Berlin in einem weiteren Urteil: Aussagen von „Zeugen“ der Euro-Cities GmbH belanglos

Berlin, den 11.08.25. Die in Berlin ansässige Euro-Cities GmbH hat wieder einmal ein Grundsatzverfahren verloren (Aktenzeichen: OLG Stuttgart 4 U 187/24). Beklagte war diesmal die kleine Gemeinde Dischingen. Der Rechtsstreit wurde beiderseits mit großem Aufwand geführt.

Die Euro-Cities GmbH bietet laut Eigenangaben Kartenmaterial im Internet (Stadtpläne) an. Geschäftsführer der Euro-Cities GmbH ist ein gewisser Hans Biermann, der einen Doktortitel „ehrenhalber“ in Bulgarien erworben haben will. Der langjährige Anwalt der Euro-Cities GmbH, ein gewisser Dr. Meissner, war gleichzeitig längere Zeit Geschäftsführer einer Gesellschaft, die Hans Biermann gehört und laut Selbstangaben für die Euro-Cities GmbH arbeitet. Seit weit mehr als einem Jahrzehnt mahnt die Euro-Cities GmbH arglose Nutzer ihrer Webseiten und sogar Personen, die ihre Webseiten nicht genutzt haben, wegen angeblicher „Urheberrechtsverletzungen“ ab. Sie verlangt von diesen Unterlassungserklärungen, Schadensersatz sowie Kostenerstattungen. Viele verschreckte Abmahnopfer zahlten. Der durch das Abmahngeschäft auf Seiten der Euro-Cities GmbH erzielte Profit dürfte erheblich sein.

Im Streitfall hatte die Euro-Cities GmbH die beklagte Gemeinde wegen einer angeblichen „Urheberrechtsverletzung“ unter kurzer Fristsetzung abgemahnt. Die verängstigte Gemeinde hatte in dieser besonderen Drucksituation eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Später verklagte die Euro-Cities GmbH die Gemeinde auf doppelte Vertragsstrafe. Angeblich hatte die Gemeinde auch nach Abgabe ihrer Unterlassungserklärung Rechte der Euro-Cities GmbH verletzt.

Das OLG Stuttgart entschied nun letztinstanzlich: Die Euro-Cities GmbH handelte rechtsmiss-bräuchlich. Ihre Klage war in vollem Umfang abzuweisen; einer entsprechenden Berufung der Gemeinde sei stattzugeben. Es sei davon auszugehen, dass die Abmahntätigkeit der Euro-Cities GmbH in keinem vernünftigen Verhältnis zu ihrer gewerblichen Tätigkeit (angeblich die Lizenzierung von Stadtplänen) stehe. Einen nachvollziehbaren Vortrag, welche Einnahmen sie mit der Lizenzierung der von ihr angebotenen Karten erziele, habe die Euro-Cities GmbH nicht gehalten. Jedoch sei sie verpflichtet gewesen, zur Klärung der in ihrer Sphäre liegenden Umstände vorzutragen. Ferner sei die Prozessführung der Euro-Cities GmbH gegenüber der Beklagten so angelegt gewesen, dass damit höhere Kosten in Form von Anwaltshonoraren entstehen, weil Ansprüche nicht in einem Gerichtsverfahren anhängig gemacht, sondern mehrere Klagen angestrengt wurden. Es bestehe außerdem eine enge personelle Verflechtung des Anwalts Dr. Meissner mit der Euro-Cities GmbH. Er sei früher Aufsichtsrat der Rechtsvorgängerin Euro-Cities AG gewesen. Zudem sei er Mitgeschäftsführer einer GEKA mbH, deren weiterer Geschäftsführer wiederum Hans Biermann sei. Darüber hinaus habe die Euro-Cities GmbH nicht widerlegen können, dass der Prozessbevollmächtigte Dr. Meissner das Verfahren „in Eigenregie“ betreibe. Die von ihm geführte GEKA mbH sei mit dem Auffinden und Dokumentieren von „Verstößen“ befasst. Außerdem habe der Anwalt teilweise auch selbst „Verstöße“ dokumentiert. Die von ihm vorgelegten Vollmachten der Klägerin seien jedenfalls standardisiert mit Faksimilestempeln und –unterschriften versehen. Eine inhaltliche Einbeziehung der Klägerin in den Streitfall sei weder dargetan noch ersichtlich. Schließlich habe die Klägerin in zwei Abmahnungen an die Beklagte dieselbe, vergleichsweise knappe Frist wie für die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung gesetzt, ohne dass dazu Veranlassung bestanden habe.

Die Begründung des OLG Stuttgart gipfelt in dem Satz, dass eine sorgfältige Prüfung „ein derart rechtsmissbräuchliches Gepräge des klägerischen Gesamtverhaltens im Allgemeinen“, speziell auch im streitgegenständlichen Fall, zeige, dass das Gericht „insgesamt ein rechtsmissbräuchliches Handeln der Klägerin“ annehme. Das Urteil des OLG Stuttgart ist rechtskräftig.

In einem ähnlich gelagerten Gerichtsverfahren vernahm das Landgericht Berlin II (Aktenzeichen: 61 S 4/24) zwei von der Euro-Cities GmbH in ihren Massenverfahren regelmäßig benannte, scheinbare „Zeugen“ zu der Frage, ob Rechte der Klägerin verletzt worden waren. Es befand, dass die „Zeugen“ zu dieser Frage nichts Wesentliches hatten beisteuern können. Demzufolge wies es eine Berufung der Euro-Cities GmbH gegen eine schon erstinstanzlich erfolgte Klageabweisung zurück. Auch dieses Urteil ist rechtskräftig.

Rechtsanwalt Dr. Arthur Waldenberger, Partner der Berliner Kanzlei WALDENBERGER RECHTSANWÄLTE und Rechtsvertreter beider Abmahnopfer der Euro-Cities GmbH, sagte in Berlin: „Das fragwürdige Geschäftsmodell der Euro-Cities GmbH dürfte nun an der Wand zerschellt sein. Uns hat sich die Rechtsmissbräuchlichkeit des Handelns der Massenabmahnerin von Anfang an aufgedrängt. Man muss sich die Frage stellen, weshalb so viele deutsche Gerichte vor dem Missbrauch jahrelang die Augen verschlossen haben. Hier wird noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten sein, auch durch das Verfolgen der Zahlungsströme. Zu prüfen ist auf Seiten der vielen Abmahnopfer, ob Forderungen gegen Euro-Cities, Biermann und seine Komplizen wegen betrügerischer Abmahnungen und Klagen in Betracht kommen. Genug Haftungsmasse dürfte in Gestalt einer Villa in Berlin-Grunewald vorhanden sein. Aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen mit Massenabmahnern würde es mich jedoch nicht wundern, wenn Hans Biermann seine Gesellschaft demnächst liquidiert und sich nach Bulgarien absetzt.“

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an: Gemeinde Dischingen, Bürgermeisteramt, Tel. 07327/8123; für rechtliche Fragen: WALDENBERGER RECHTSANWÄLTE Partnerschaftsgesellschaft mbB, Kurfürstendamm 45, 10719 Berlin, Tel. 030/889217010, Mail: info@wrae.de

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